Sehr geehrte Damen und Herren,
am 11.02.2021 haben wir Sie über unsere Überlegungen zur Fortsetzung der Saison 2020/21 informiert und Ihnen zugleich Gelegenheit gegeben bis 17.02.2021 dazu Stellung zu nehmen.
Im Rahmen der Anhörung der 1.594 am Spielbetrieb teilnehmenden Vereine sind 265 Stellungnahmen bei uns eingegangen. Dabei haben sich ca. 45 Prozent der Vereine für den Vorschlag einer Fortsetzung der Saison 2020/21 zum nächst möglichen Zeitpunkt, spätestens aber zum 9. Mai 2021, mit Abschluss der Vorrunden und anschließender Relegation ausgesprochen; weitere ca. 20 Prozent der Stellungnahmen beinhalteten geringe Modifizierungen oder auch neue Vorschläge mit alternativen Lösungsansätzen. Ein Anteil von ca. 35 Prozent der Vereine möchte die Saison nicht fortsetzen, sondern sofort abbrechen und annullieren mit der Folge, dass es weder Auf- noch Absteiger gibt. Eine genauere Betrachtung der Rückmeldungen zeigt dabei, dass der ganz überwiegende Anteil der Vereine, die sich für einen sofortigen Abbruch und die Annullierung der laufenden Spielzeit aussprechen, mit der ersten Herrenmannschaft abstiegsgefährdet ist.
Wir haben uns mit allen Argumenten auseinandergesetzt und schließlich in der Beiratssitzung vom heutigen Tag beschlossen, die wfv-Spielordnung im Wesentlichen so zu ändern, wie es zu Beginn des Anhörungsverfahrens in Aussicht gestellt wurde. Der Beschluss weicht von der zunächst vorgeschlagenen Fassung nur insoweit ab, als die Wertung der Vorrunden bereits dann möglich ist, wenn mindestens 75 % aller Mannschaften einer Staffel alle Vorrundenspiele absolviert haben, in diesem Fall dann auf Basis der Quotienten-Regelung. Angestrebt wird aber selbstverständlich weiterhin deren vollständiger Abschluss. Zum Wortlaut im Einzelnen verweise ich auf die in der Anlage beigefügten Offiziellen Mitteilungen.
Mit den von 93 Vereine für einen sofortigen Abbruch mit Annullierung vorgetragenen Argumenten haben wir uns intensiv auseinandergesetzt. Genannt wurde hier vor allem der Aspekt der Chancengleichheit, die u.a. aufgrund des nicht gegebenen wechselseitigen Heimvorteils und der geringeren Anzahl an Spielen stark beeinträchtigt sei. Des Weiteren wurde der Wunsch nach Planungssicherheit formuliert, hier zum Teil auch unter Hinweis auf die bereits getroffenen Entscheidungen anderer Sportverbände in Baden-Württemberg (z.B. Handball, Volleyball und Tischtennis). Und schließlich gab es auch Hinweise auf gesundheitliche Risiken und die Sorge sich zu infizieren.
Die genannten Argumente für einen sofortigen Abbruch und eine Annullierung haben im Ergebnis nicht überzeugt. Wie wir bereits in der Begründung der Beschlussvorlage ausgeführt haben, sind wir nach unserer Satzung und unseren Ordnungen grundsätzlich dazu verpflichtet, Meisterschaftsrunden auszutragen und Auf- sowie Absteiger zu ermitteln. Nachdem der ursprüngliche Spielmodus mit Hin- und Rückrunden aus den bekannten Gründen nicht mehr vollständig zu Ende geführt werden kann, sehen wir uns in der rechtlichen Pflicht, auf einen Spielmodus umzustellen, der dem ursprünglichen am nächsten kommt und unter den gegebenen Umständen dem Grundsatz sportlicher Fairness bestmöglich gerecht wird.
Ein Abbruch mit Annullierung zum jetzigen Zeitpunkt hätte zur Folge, dass damit Chancen zum Aufstieg vereitelt würden, obgleich noch die Aussicht besteht, ein sportlich faires Ergebnis herbeizuführen. Eine solche Entscheidung stünde nicht im Einklang mit den Grundwertungen unserer Regelwerke und wäre mit erheblichen rechtlichen Risiken verbunden. Dies lässt sich nicht zuletzt aus der bisher vorliegenden verbandsgerichtlichen und staatlichen Rechtsprechung ableiten (vgl. im Einzelnen die Begründung der Beschlussvorlage mit entspr. Rechtsprechungsnachweisen). Der Aspekt des sich unterschiedlich auswirkenden Heimvorteils bei einer Einfachrunde (Vorrunde) ist dabei vernachlässigbar, zumal eine größere Anzahl an Zuschauern ohnehin weder bei den bereits ausgetragenen Spielen zugelassen war noch bei den restlichen Spielen aller Voraussicht nach zugelassen sein wird.
Dass andere Mannschaftssportarten zum Teil dennoch bereits jetzt entschieden haben, die Saison 2020/21 abzubrechen und zu annullieren, ist richtig. Dabei handelt es sich aber nach unserer Kenntnis ausschließlich um Hallensportarten, die zudem bisher anteilig im Durchschnitt weit weniger Spiele ausgetragen haben, als dies bei uns im Fußball der Fall ist. Hinzu kommt weiter der Umstand, dass nach allen uns bekannten Studien die Infektionsgefahr in geschlossenen Räumen weitaus höher ist als im Freien. Überwiegend wird hier von einem 15 bis 20-fachen Risiko ausgegangen. Zudem stehen auch Kapazitäten an Sporthallen für einen dichter gedrängten Spielplan nicht im selben Umfang zur Verfügung wie dies bei Fußballplätzen der Fall ist. Dies sind gewichtige Argumente, die für eine sofortige Annullierung in den genannten Hallensportarten sprechen können, aber andererseits eine andere Bewertung im Fußball rechtfertigen.
Mit Blick auf die Oberligen Baden-Württemberg (Herren, Frauen, Jugend) kann ich mitteilen, dass die zuständigen Gremien (Gesellschafterversammlung, Spielkommission, Jugendspielkommission) der Beschlussvorlage positiv gegenüberstehen. Eine Beschlussfassung ist aber insoweit noch nicht erfolgt, da es noch weiterer Abstimmungen insbesondere zu den Aufstiegsvoraussetzungen in die Regionalliga Südwest (Herren) bedarf.
Abschließend darf ich meiner Hoffnung Ausdruck geben, dass sich der Trend rückläufiger Infektionszahlen weiter fortsetzt und so eine Rückkehr in den Trainings- und Spielbetrieb zeitnah möglich wird. In Wahrnehmung unserer Verantwortung für die Gesundheit aller Aktiven einerseits und dem berechtigten Interesse an der Fortsetzung der Meisterschaftsrunden andererseits werden wir uns gemeinsam mit dem Badischen Fußballverband und dem Südbadischen Fußballverband gegenüber der Landesregierung auch weiterhin für den Amateurfußball einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Thumm
Hauptgeschäftsführer