Als Kind hatte Julian Metzger den Traum, den so viele Kinder träumen: Fußballer werden. Doch von diesem musste er sich recht schnell wegen Knieproblemen verabschieden. Doch der Fußball sollte weiterhin einen bedeutenden Teil in seinem Leben einnehmen. So schlug der heute 26-Jährige schon sehr früh die Trainerlaufbahn ein. Mit Nachdruck verfolgte er diese, lernte bei der Fußballschule des VfB Stuttgart, erweiterte seinen Horizont bei der Young Bafana Soccer Academy in Südafrika. Seit drei Jahren ist er beim TSV Ilshofen, hat nun die Oberliga-Mannschaft übernommen. Respekt vor der Aufgabe hat er, aber er stellt auch klar, dass mutige Entscheidungen immer auch große Chancen in sich bergen.
Herr Metzger, als Sie erfuhren, dass der TSV Ilshofen und Trainer Michael Hoskins die Zusammenarbeit beenden werden – haben Sie dann daran gedacht, dass Sie gefragt werden?
Julian Metzger: Gewisse Chancen darauf hatte ich gesehen. Ich hatte mich gerade im vergangenen halben Jahr persönlich weiterentwickelt. Da fühlt sich diese neue Aufgabe wie eine logische Fortführung an. Als Dario Caeiro (Vorstand Fußball beim TSV Ilshofen, Anm. d. Red.) und ich uns am vergangenen Freitag zum letzten Gespräch getroffen haben, habe ich zugesagt. Wenn das Gefühl da ist, dass es passt, dann gibt es auch nicht viel herumzuüberlegen.
2017 kamen Sie aus Südafrika zurück. Warum sind Sie zum TSV Ilshofen gegangen?
Ich wollte etwas in Kombination mit meinem Studium machen. Und klar war auch, dass es Fußball beinhalten und in der Region sein sollte. Ich hatte einige Spiele des TSV Ilshofen in der Verbandsliga gesehen. Was ich gesehen hatte, hat mich beeindruckt. Zudem war es offensichtlich, dass der TSV Ilshofen noch mehr Möglichkeiten für mich als Trainer hatte.
Sie bewarben sich mit einer neunseitigen Powerpoint-Präsentation. Als Dario Caeiro das bei der folgenden Saisoneröffnung erzählte, merkte man ihm an, dass er so etwas noch nicht erhalten hatte. Was haben Sie damit bezweckt?
Die Präsentation habe ich nicht erstellt, um mich persönlich zu präsentieren. In erster Linie wollte ich darstellen, welchen Fußball ich als Trainer spielen lassen möchte, welchen Spielstil ich an die Mannschaft weitergeben möchte und wie man das trainiert. Kurz gesagt: Ich wollte mit mir im Reinen sein und Interesse für meine Tätigkeit als Trainer wecken.
Lassen Sie uns in der Zeit kurz etwas zurückgehen. Wie kam es dazu, dass Sie Trainer bei der Fußballschule des VfB Stuttgart wurden?
Das fünfte Semester meines Studiums war ein Praxissemester, das ich beim VfB absolvieren durfte. So kam der Kontakt zustande, ich habe dann mit anderen Trainern Camps bei Vereinen und Fördertraining gegeben. Zudem habe ich zu dieser Zeit meinen Trainer-B-Schein gemacht.
Sie schlossen Ihr Studium ab und gingen nach Südafrika. Warum haben Sie sich dazu entschlossen?
Ich wollte etwas wirklich Neues erleben. Klar war, dass es etwas mit Fußball zu tun haben sollte und ich mein Englisch verbessern wollte. Dank deutscher Trainer suchte die Young Bafana Soccer Academy auch in Deutschland Praktikanten. Mich hat das direkt angesprochen, zumal meine Schwester schon in Kapstadt war und davon geschwärmt hatte (lacht).
Auslandsaufenthalte prägen oft die Menschen. Sehen Sie das auch so?
Auf jeden Fall. Es war faszinierend und berührend zugleich. Das betrifft sowohl das Leben als auch den Sport. Diese ehrliche Leidenschaft für den Fußball! Und was die jungen Menschen alles auf sich genommen haben, um zum Training zu kommen. Ich durfte eine Art Bindeglied für diese jungen Menschen sein, das etwas bewegt in deren Leben. Mich hat der Aufenthalt nachhaltig geprägt. Ich bin brutal dankbar für alles, was wir hier in Deutschland haben: beispielsweise die Krankenversicherung oder die Infrastruktur – das schätze ich sehr.
Was haben Sie in Bezug auf Fußball aus Kapstadt mitgenommen?
Technisch waren die Spieler sehr stark, manchmal aber auch sehr verspielt. Da war ein Panna, also ein Tunneln des Gegners, wichtiger als ein Tor(schmunzelt). Und die Lebensfreude, die die Jungs auf den Platz gebracht haben, hat mich jedes Mal begeistert. Der Austausch mit dem deutschen Trainer Moritz Kossmann war großartig. Im Prinzip haben wir sieben Tage in der Woche unsere Leidenschaft für Fußball geteilt.
Mit dieser Erfahrung kamen Sie nach Ilshofen, übernahmen die B-Junioren, mit denen Sie Meister in der Bezirksstaffel wurden. In Ihrem zweiten Jahr wurden Sie zusätzlich Co-Trainer bei der Oberliga-Mannschaft. Wann hat Ralf Kettemann Sie deswegen angesprochen?
Genau weiß ich das nicht mehr, ich kann mich aber noch an den Sonnenschein auf der Terrasse des Vereinsheims erinnern (lacht). Ich hatte damals häufig bei der ersten Mannschaft zugesehen, weil ich mir Querverweise für die B-Junioren erhoffte. Manchmal habe ich auch den kommenden Gegner des TSV beobachtet und mich dann mit Kette ausgetauscht.
So waren Sie von Anfang an in der Oberliga dabei. Ralf Kettemann auf dem Rasen, Sie an der Seitenlinie. Haben Sie die gleiche Vorstellung, wie Fußball gespielt werden soll?
Es geht natürlich in die gleiche Richtung. Vereinfacht ausgedrückt ist es wie früher auf dem Bolzplatz: Wir wollen den Ball haben und damit auch etwas anfangen.
Veränderte sich das unter Michael Hoskins?
Nein. Auch wenn er eine andere Art hatte, wie es auch von Vereinsseite gewünscht war, waren wir auch unter ihm eine Mannschaft, die den Ball haben wollte. Hos hat mir sehr viel Vertrauen entgegengebracht, hatte beispielsweise schon mit mir telefoniert, bevor er die Entscheidung traf, zum TSV zu kommen.
Stimmt es, dass Sie einen Tag, nachdem klar war, dass Sie Trainer der Oberliga-Mannschaft werden, eine Videokonferenz der zweiten Mannschaft einberufen haben, die Sie in dieser Saison trainiert haben?
Ja, das ist richtig. Es war eine sehr spezielle Zeit mit den Jungs. Ich wollte es ihnen so persönlich, wie es in diesen Corona-Zeiten nur möglich ist, mitteilen. Da war auch viel Wehmut dabei, weil wir viel Spaß miteinander hatten.
Coronabedingt bleibt dem TSV Ilshofen II der Aufstieg verwehrt. Nach der Quotientenregel erhält der TSV Obersontheim das Aufstiegsrecht. Wie stehen Sie dazu?
Mich schmerzt das, weil ich immer das Optimum will. Aber bei einer U 23, wie wir sie haben, geht es um den Entwicklungsprozess und nicht nur um den tabellarischen Erfolg, also vor allem um die Art und Weise, wie wir spielen.
Ob U 23 oder U 19 – wie groß ist der Sprung zur Oberliga?
Der ist schon heftig. Auch deshalb sind wir froh, mit der Bezirksliga-Mannschaft ein Sprungbrett für die Talente der Region anbieten zu können. Dort können wir unseren Spielern bei der Entwicklung hin zum Oberliga-Level die nötige Zeit geben.
Aber nicht jeder kann oder will das gesamte Potenzial, das er hat, ausschöpfen.
Das ist richtig. Deshalb ist es für uns elementar, die Jungs in unserer Region zu finden, die auf unserer Wellenlänge sind und Bock darauf haben, sich weiterzuentwickeln.