Eigentlich, und da sind sich alle Befragten einig, war der Trainingsauftakt am vergangenen Samstag richtig gut. Nach rund sechs Wochen Winterpause ging es beim TSV Ilshofen, dem Vorletzten der Oberliga, wieder los. „Wir hatten Gespräche über die Organisation der Heimspiele, und die Mannschaft hat gut trainiert“, meinte Dario Caeiro, Vorstand Fußball des TSV. Das bestätigt auch Kapitän Lukas Lienert. „Am Abend hat Dario auch noch Burger für die Mannschaft gebraten. Das ist auch nicht selbstverständlich, dass ein Vorstand so etwas macht.“ Und doch kam es dazu, dass letztlich das Trainerteam seinen Rücktritt erklärte.
Julian Metzger, nunmehr Ex-Trainer des TSV, führt aus. „Wir wollten richtig durchstarten. Die Vorrunde ist nicht so gelaufen, wie wir uns das alle vorgestellt haben. Dementsprechend haben wir einige Dinge hinterfragt und wollten auch neue Reize setzen.“ Dazu gehörte auch, dass das Trainerteam eine neue Sitzordnung in der Kabine bestimmte. Letztlich war diese nicht der Grund, aber der Auslöser für den Rücktritt des Trainerteams, zu dem neben dem 28-jährigen Julian Metzger auch Silas Probst und der spielende Co-Trainer Maximilian Egner gehört.
Die Ankündigung, dass es eine neue Sitzordnung gibt, „war für uns wie ein Schlag ins Gesicht“, erklärt Kapitän Lukas Lienert. „Viele haben eine emotionale Bindung zu ihrem Platz. Hier gibt es keine Profis, die Jungs wollen nach der Arbeit neben ihrem Kumpel sitzen.“ Gleichzeitig unterstreicht Lukas Lienert, dass die Mannschaft die Analyse des Trainerteams komplett nachvollziehen konnte. „Wir standen zu allem, was das Trainerteam gesagt hat.“ Allerdings sei in den Augen der Mannschaft „die Maßnahme der neuen Sitzordnung dafür nicht geeignet. Ja, es gibt bei uns zwei, drei Gruppen innerhalb des Teams. Aber das ist völlig normal, so etwas hat jede Sportmannschaft.“ Es ging um ein Gefühl der Mannschaft, das habe man auch in Richtung des Trainerteams und Vorstand transportiert. „Es ging definitiv nicht um eine Entscheidung gegen den Trainer.“
„Maximal konsequenter Weg“
Dario Caeiro wurde informiert: „Es wurde klar, dass die Mannschaft die Entscheidung zur Sitzordnung so nicht mitträgt.“ Es folgten Gespräche, es wurde eine Nacht darüber geschlafen. Dario Caeiro redete mit der Mannschaft. „Seid Ihr Euch der Tragweite dieser Sache bewusst?“, habe er die Spieler gefragt. Diese sei so nicht erkannt worden.
Für Julian Metzger und seinen Co Silas Probst war die Sache auch einen Tag später klar. Sie traten von ihren Ämtern zurück. „Es geht um den maximal konsequenten Weg. Ich muss mir morgen in den Spiegel schauen können.“ Der Auslöser des Rücktritts, also die neue Sitzordnung, sei lächerlich, aber eben die Spitze eines Eisbergs. „Ich habe einen großen Ehrgeiz und stelle diesen in den Mittelpunkt. Ich hatte den Eindruck, dass ich diesen Ehrgeiz so in Teilen der Mannschaft nicht gespürt habe.“
Als die Mannschaft die Entscheidung des Trainerteams erfuhr, war sie „überrascht, teilweise geschockt“, berichtet Vorstand Dario Caeiro. Kapitän Lukas Lienert bestätigt das. Im Fußballerischen habe es nie Zweifel am Trainer gegeben. „Da macht Julian in dieser Region keiner was vor“, unterstreicht Lukas Lienert. Dario Caeiro betont dies auch. „Julian hat eine ganz klare Haltung. Er hat in der Zeit, in der er hier war, seinen Charakter weiter geformt, ist klar und konsequent. Ein Stück weit ist es auch meine Verantwortung, dass es zu der Situation gekommen ist.“ Damit meint er, dass der Kader zu gering besetzt gewesen sei, „so konnte Julian nie all das umsetzen, was er vorhatte.“
Egner bleibt als Spieler
Die Aufarbeitung ist bereits angelaufen. Dario Caeiro meint: „Vielleicht war es ein Fehler von mir, sich ganz klar zum Trainer zu positionieren. Das bereue ich definitiv nicht. Aber vielleicht hat das dazu geführt, dass nicht genug kommuniziert wurde.“
Maximilian Egner war bislang spielender Co-Trainer. Er sieht sich „zwischen den Stühlen“. Er betont, dass alles im Trainerteam gemeinsam beschlossen wurde und er auch hinter den Entscheidungen steht. Als Spieler wird er dem TSV in der Rückrunde erhalten bleiben.
Bis zum kommenden Sonntag wird interimsweise Ramazan Kandazoglu, bislang Trainer der zweiten Mannschaft des TSV Ilshofen, beim Oberliga-Team aushelfen. Damit ist er dann auch für das Testspiel gegen den TSV Schwaikheim (13 Uhr) verantwortlich. Wie es danach auf der Trainerposition weitergeht, ist noch offen.
Kommentar – Hartmut Ruffer
Natürlich, der TSV hat keine gute Vorrunde gespielt, lediglich zwölf Punkte geholt. Dass in solchen Momenten unter der Oberfläche nicht alles traute Glückseligkeit ist, versteht sich von selbst. Julian Metzger, zuvor Co-Trainer beim TSV, ist seit 2020 der Chef gewesen. Er gilt als ein hochtalentierter, aber eben auch noch unerfahrener Coach. Der 28-Jährige wusste um die Chance, die ihm gewährt wurde, und brannte vor Ehrgeiz.
Genau diesen sah er in der Vorrunde bei einigen Etablierten nicht in gleicher Weise. Die Worte des Trainers wirken ehrlich. Das gilt aber auch für die des Kapitäns Lukas Lienert. Das Team habe die Analyse der Trainer mitgetragen, wollte in Sachen Sitzordnung aber ein Gefühl transportieren, nicht das Trainerteam in Frage stellen.
Genau so aber kann man das auffassen. Der Rücktritt ist dann die Konsequenz daraus und deutet darauf hin, dass das Trainerteam nicht kompletten Rückhalt spürte. So bleibt die Vermutung, dass es tatsächlich ein durchaus ernstzunehmendes Kommunikationsproblem innerhalb des Kosmos Trainer/Mannschaft gegeben hat.
Der Vorwurf des mangelnden Ehrgeizes ist kein geringer. Die Mannschaft steht nun in der Rückrunde auch in der Pflicht. Sie kann mit ihren Taten den Vorwurf entkräften.
Quelle: Haller Tagblatt